Ich habe schon kurze Zeit nachdem ich mit der nicht wirklich sinnvollen Sony DSC-P52 in die Digitalfotografie eingestiegen bin germerkt, daß ich ein besseres Werkzeug haben wollte. Fotografie hat mich wirklich gepackt und ich wollte in der Lage sein meine Ideen auch umsetzen zu können. Die billige Schnappschusskamera hat nicht gereicht. Mein Budget war dennoch etwas beschränkt also dachte ich mir eine sogenannte “Prosumer” Kamera wäre ideal. Allein das Wort “Prosumer” trieft geradezu vor lächerlicher Marketingsprache. Was oder wer ist ein professioneller Konsument? Professionelle Fotografen sind so gesehen ja auch Konsumenten der Kamerahersteller aber an diese richteten sich solche Kameras nicht. Man dachte eher an Amateure mit gehobenem Anspruch und kleinem Budget. Am Ende konnte ich meine Bafögnachzahlung “sinnvoll” in eine Minolta Dimage A1 investieren.
Und was für eine Kamera das war in die ich mich fast schon verliebt habe. Unglaubliche 5,2 Megapixel brachten Dateien mit bis zu 2560×1920 Pixeln hervor. Gut doppelt soviel wie die meisten (besseren) Monitore zu dieser Zeit. Dazu gab es Bildstabilisierung und einen kippbaren Sucher, den ich absolut Klasse fand. Ich wünschte diese Sucher gäbe es heute öfter aber stattdessen haben wir filigran ausklappbare Bildschirme. Ein Zoomobjektiv von 28mm bis 200mm mit einem schönen weichen manuellen Drehring. Die Dimage A1 war eine “richtige” Kamera mit Knöpfen, Rädchen, Sucher, diversen Optionen und Rohdatenausgabe. Allerdings war der Sensor sehr klein und rauschte leicht bei schwacher Dynamik sobald es nicht gerade helles Tageslicht gab. Dennoch ein definitiver Schritt nach oben und vor allem ergonomisch in der Handhabung eine tolle Kamera.
Minolta Dimage A1: Beispielbilder

Ich habe dieses Foto irgendwo in Ostdeutschland während eines Familienbesuchs aufgenommen. Es verkörpert die graue Traurigkeit ostdeutscher Innenstädte zu dieser Zeit. Viele Kommunen bauten oder förderten Einkaufscenter in der Hoffnung die Stadtkerne zu revitalisieren. Aber viele junge Menschen zogen nach Westdeutschland oder in die großen Städte um dort ihr Glück zu suchen. Zurückgeblieben sind oft nur die Alten und Arbeitslosen. Ideen, Innovation, Tatendrang wanderten ab und damit blieb die Kaufkraft niedrig. Viele Center verkümmerten, hatten mit Leerstand zu kämpfen und boten oft nur Supermärkte, Billigläden und andere Grundversorgung. Das graue und regnerische Wetter tat ein Übriges die Stimmung abzubilden.

Ich bin so fasziniert von westdeutschen Wohn- und Geschäftsgebäuden der 1970er und 1980er Jahre. Insbesondere Projekte in kleineren Städten, welche oft ein altes außerhalb liegendes Dorf oder eine Siedlung in ein neu geplantes Wohnviertel umwandelten. Mittlerweile sind viele dieser damals modern Siedlungen zu sozialen Brennpunkten verkommen, die überwiegend von Migranten und Armen bewohnt werden. Die Ghettobildung war als soziologischer Prozess nicht aufzuhalten gewesen.
Die ursprünglichen Bewohner, meist junge Familien auf der Suche nach modernen Wohnungen, sind längst weg. Ein nettes Einfamilienhaus im Grünen oder eine schöne Wohnung in urbanen Stadkernen ist doch viel attraktiver als solch eine Anlage auf der “Gründen Wiese”. Einige der ersten Bewohner, jetzt schon in Rente, leben hier noch. Spannungen zwischen diesen und der überwiegend migrantischen Bevölkerung sind vorprogrammiert.
Diese Entwicklung spielte sich überall in Westdeutschland ab und die am Reißbrett geplanten Wohnviertel wurden zu was die Franzosen Banlieue und die Amerikaner Ghetto nennen. Vielleicht nicht ganz so drastisch wie dort aber dennoch ein Ort an dem die Armen und die Neuankömmlinge leben und soziale Probleme über Generationen persistieren. Seit den späten 1980er werden solche Siedlungen nicht mehr gebaut.

Das Velodrom in Berlin. Die Stadt in der ich aufgewachsen bin. Ein unglaublich hässliches Stück Architektur und daher umso faszinierender. Aus der Luft sieht die Anlage futuristisch und toll aus. Aus der Fußgängerperspektive ist es eine Art Kriegszone. Links von meiner Position aus befindet sich ein großer Parkplatz, rechts eine mehrspurige Verkehrsachse, gegenüber die Bahnstrecke und im Hintergrund für die Öffentlichkeit teilweise abgesperrte Sportanlagen. Zwar hat man auf dem “Dach” Gras gepflanzt aber Bäume, Bänke, Schatten, Spielplätze oder Cafés findet man hier nicht. Die Leute laufen nur durch um zur Bahnstation, dem Schwimmbad und dem Wohngebiet hinter dem Parkplatz zu kommen. Das ganze Ensemble ist ein fotografischer Traum und ein urbaner Albtraum.
Ich habe das Foto gegen 20:30 aufgenommen mit nur einem 1/5s Belichtungszeit. Bildstabilisierung ist schon was Feines.

Ein Teil des Velodroms. Kein Ort zum Verweilen und Entspannen. Aber mir gefallen diese industriell wirkenden “Schornsteine” mitten in der Stadt. Daneben Fahrradständer und dahinter unten die Bahnstation.

Links vom ersten Velodrom Bild aus gesehen findet sich dieser alte Supermarkt aus der DDR. Eine typische gesickte Konstruktion aus Stahlblechen. Die Halle ist längst abgerissen und durch ein Nahversorgungszentrum ersetzt worden. Irgendwie wirkt das Bild auf mich immer so als ob es auch aus der Bronx stammen könnte.
Mit der Dimage A1 konnte ich meinen Drang nach Dokumentation mehr und mehr ausleben. Ich habe gute Erinnerungen an die Kamera. Im Grund war es meine erste “richtige” Kamera. Dennoch habe ich sie nicht allzu lange benutzt. Aber mehr dazu im nächsten Teil.